Text zu Bild 28: „Anfahrten mit derart spektakulärer Rauchentwicklung ließen einen jeden Eisenbahnfreund frohlocken und die Kamera nur so klicken. Darf man so etwas heute überhaupt noch mit positiv besetzten Worten beschreiben?“ Jawohl, Herr Kandler (Autor), das darf man, das gehört zur Historie unseres Landes, ist Ursache für unsere lange boomende Wirtschaft und trug bei zum Wohlstand aller, auch derjenigen, die gerne ihre Nase rümpfen! Die Fotos Detlev Luckmanns unter die Lupe zu nehmen, ist bei diesem Fotografen sowie bei seinen Motiven unangebracht, daher wendet sich der Rezensent vorab den Texten des Autors Udo Kandler zu. Ihm ist hier eine realistische und kritische Analyse gelungen (siehe oben!),- da fallen Worte wie „… erdreistete sich die Deutsche Bundesbahn, das Bauwerk … einfach abzureißen“ (Bild 44), „Wer kann aus heutiger Sicht … mit der einstigen Serviceleistung der DB, dem Kurswagen, überhaupt noch etwas anfangen?“ (Bild 52), und zu vielen Fotos liest man die Worte „nicht mehr in Betrieb“, „eingestellt“, „stillgelegt“, „Gleise herausgerissen“, „leider verschrottet“ etc. So ist dieses Buch ein hervorragender Bildband mit historischen Fotos sowie eine Anklage an den Geist der letzten Jahrzehnte, in denen vieles der „Weiterentwicklung“, der „Verbesserung“, der „Gesundschrumpfung“ zum Opfer fiel. Sind die Fotos Detlev Luckmanns eine wahre Augenweide für alle Freunde der Bahn und der Historie , so sind die Texte Udo Kandlers ein Beweis dafür, dass er höchst sachkundig ist: Der Leser wird ins Bild gesetzt über die Aufgabe des abgelichteten Zuges, über das Anfahren und Bedienen von namentlich genannten Industrieanlagen, über das Befördern bestimmter Gruppen von Fahrgästen, über die befahrene Strecke und Verbindung, über den Zustand der Bahnanlagen gestern und heute, über den Wandel der Traktion, über die Geschichte der Strecke und über die im Foto „mitspielenden“ Bahnbediensteten, Fahrgäste und Passanten. Man kann durchaus sagen, Luckmanns Fotos und Kandlers Texte sind wie aus einem Guss geschaffen! Natürlich muss an dieser Stelle auch über die Fotos gesprochen werden; da ist fast alles zu sehen, an das sich die Älteren unter uns sicher noch erinnern werden, aber nichtsdestoweniger den Jüngeren Staunen und auch Vergnügen bereiten wird: Dampfbetriebene „archaisch anmutende Arbeitsgeräte“ für den Straßenbau, Pferdefuhrwerke, Kraftfahrzeuge aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, Dampfschiffe auf Rhein und Weser. In 8 Kapitel werden unterschiedliche Transportmittel in ihren Einsatzbereichen präsentiert, und da sind echte Raritäten und sehenswerte Besonderheiten im Focus. Detlev Luckmann war technisch vielseitig interessiert, und die Fotos dieses Buches legen in jeweils einem Kapitel Zeugnis ab von seinem Faible für Kleinbahnen landauf und landab, für Feldbahnen und Transport-Bähnchen in Steinbrüchen etc.,- hier auch besonders für den Schwerspat-Abbau im Harz,- sowie für die Werksbahnen der Schwerindustrie. Die „große“ Bahn ist ebenso vertreten (Kapitel „Deutsche Bundesbahn“) wie auch ein Kapitel über das Wasserfassen im Dampfbetrieb mit Wasserkranen und Wassertürmen – und außerdem der Warentransport mit 1 oder 2 PS in der Vor-40-Tonner-Zeit. Luckmann war ein Meister der Bildgestaltung und hatte ein hervorragendes Auge dafür, Menschen (Passanten, Bahnbedienstete, Fahrgäste) und die Technik (Loks / Züge / Triebwagen, Fahrzeuge für den Straßenbau, Traktoren, Kfz. sowie die meist ländliche und dörfliche Umgebung) in Szene zu setzen,- eine wahre Augenweide! Die Schwarz-Weiß-Fotos (meist ganzseitig) sind von bester Qualität.
Dieser Bildband mit lesenswerten Texten ist eine hervorragende Produktion, fügt sich sehr gut in die Reihe „Alte Meister“ des EK Verlags ein und ist äußerst empfehlenswert.
von Peter Höhbusch
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